265 S., gebunden

€ 18.00

ISBN 978-3-85286-172-2

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Langston Hughes

Simpel spricht sich aus

Roman

Rasende Dialoge im Slang und Mikrokosmos von Harlem, New York City.

Harlem, New York City, in den ersten Nachkriegsjahren.
Jesse B. Semple, von Freunden „Simpel“ genannt, läuft alle paar Tage seinem Freund über den Weg. Egal ob an der Theke der Wishing Well Bar oder Ecke Lennox, 135. Straße, es gibt immer viel zu besprechen: Dabei geht es – höchst amüsant – um alltägliche Angelegenheiten wie seinen nie versiegenden Bierdurst und die Höhen und Tiefen mit den (Ex-)Geliebten Joyce und Zarita oder um gesellschaftliche Probleme der hartnäckigen Art.

Ob nun Krieg oder Liebe die Themen der Dialoge sind, auf eine gehörige Portion Kritik an Unterdrückung und Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung verzichtet Simpel nie.
Dieser bittere Beigeschmack macht auch den Reiz des Romans aus. Locker und leicht wird von Problemen erzählt, die, obwohl seit dessen Ersterscheinung im Jahr 1950 fast sechzig Jahre vergangen sind, noch immer nicht der (blutigen) Vergangenheit angehören.

Mit seinem als Serienroman im Chicago Defender veröffentlichten Text kritisierte Hughes durch die Stimme seiner berühmtesten Figur, dem vermeintlich einfach gestrickten Simpel, Rassendiskriminierung und die Unterdrückung der Schwarzen in den USA.

Es war der Sommer, als die jungen Männer in Harlem damit aufhörten, ihr Haar geglättet, geölt und oft sogar angeklatscht zu tragen. Sie fingen an, es kurz abschneiden zu lassen; es stand dann an der Stirn wie eine Bürste einen Zoll oder zwei hoch.
Als Simpel den Hut abnahm, um etwas Luft an die Stirn zu lassen, sah ich im Schein der Neonröhren vor der Wishing Well Bar, dass er einen neuen Haarschnitt trug.
»Was ist mit deinem Kopf passiert?«, fragte ich.
»Kurz geschnitten«, antwortete Simpel. »Mein Mädchen mag es, mir mit den Fingern durchs Haar zu fahren. So kommt sie besser durch.«
»So viel, wie ich dich an dieser Ecke rumlungern sehe«, sagte ich, »begreife ich nicht, wann sie überhaupt Gelegenheit dazu hat.«
»Du weißt, Joyce is ’ne arbeitende Frau«, sagte Simpel, »und anständig noch dazu. Sie kommt nich, um mich zu sehn, also besuch ich sie immer zeitig. Heute hab ich ihr meinen abendlichen Besuch schon abgestattet.«
»Ich habe gehört, dass du arbeitest, und jetzt ist es Mitternacht. Wann schläfst du eigentlich?«
»Dazwischen«, erwiderte Simpel, zündete sich eine Kippe an und nahm einen tiefen Zug. »Ich brauch nich viel Schlaf. Und ich hass es, allein in mein kleines möbliertes Zimmer zurückzugehn. Was is mit dir? Was machst du so spät noch auf?«
»Ich beobachte das Leben für literarische Zwecke. Sammle Material und denke darüber nach, wie verzweifelt hoch die Menschen pokern, obwohl die Einsätze so niedrig sind.«
»Was meinst du damit?«, fragte Simpel.
»Ich meine, dass nur wenige vermögende Leute um diese Uhrzeit auf der Straße unterwegs sind – um diese Zeit laufen meistens Huren, Schläger und Gauner herum. Und alle gaunern sie nach dem bisschen Kleingeld.«
»Mir werden die schon nix abgaunern«, ereiferte sich Simpel. »Nein, mein Herr! Irgendjemand versucht immer, mich aufs Kreuz zu legen. Letztens geh ich zu ’nem Pokerspiel und verlier 12 Mäuse. Die haben alle unter einer Decke gesteckt und sich unter der Hand die besten Karten zugeschoben; mir is nix andres übrig geblieben als zu verlieren. Ich konnt nich gewinnen – deswegen versauf ich’s lieber.«

Ein afroamerikanischer Simplicissimus: In Zeiten von Obama eine höchst spannende Figur.Mit Simpel, der "zu allem unter der Sonne eine Meinung" kundtut, hat der afroamerikanische Schriftsteller Langston Hughes (1902–1967) in den vierziger Jahren einen tragikomischen Helden geschaffen, der ein wenig wie Don Quixote und Sancho Pansa, Simplicissimus und Schwejk und doch ganz einzigartig ist (...)
Was hätte der alte Simpel wohl gesagt, wenn er noch hätte erleben können, wie ein afroamerikanischer Präsident und ein schwarzer Harvard-Professor im Garten des Weißen Hauses mit einem weißen Polizisten Bier trinken? "Nich von meinen Steuergeldern", wahrscheinlich, und die Folgen kann man sich ausmalen: "Dann hab ich gespürt, wie jemand zur Tür rausgeflogen is. Das war ich.

ULRICH BARON, DER SPIEGEL

Hughes gelingt es, (…) ein anschauliches Bild von Harlem in den ersten Nachkriegsjahren zu zeichnen.
JUNGLE WORLD

Mit der in Wien lebenden Klagenfurterin Evelyn Steinthaler hat der Roman eine rhythmische Übersetzerin gefunden, die seiner unglaublich musikalischen Sprache gerecht wird und Freude an Simpels Slang hat.
Gern wäre Simpel US-Präsident geworden. Er sah wirklich nicht dümmer aus als Truman. Wie hätten er und Hughes sich über Obama gefreut! Ihre "Huba, huba"-Rufe wären die lautesten gewesen.

KURIER

Simpel redet sich um Kopf und Kragen. Aber in seinen Schimpftiraden spiegelt sich nicht nur die Ghettowelt der Nachkriegszeit, sie offenbaren auch einen originären Witz, der von tiefer Weisheit oft nicht zu unterscheiden ist.
ROLLING STONE

Der Erzähler zeichnet Simpels Einsichten in einfachen Worten auf, proletarisch deftig, Arbeiterslang. Unbekanntes wird in den Anmerkungen erklärt. Die Texte sind enorm gesellschaftskritisch und das hat dem Autor denn auch in der McCarthy Ära viel Ärger eingebracht.
Langston Hughes Texte erinnern einen noch einmal nachdrücklich daran, wie menschenverachtend Afroamerikaner in der Nachkriegszeit behandelt wurden. Gerade in Zeiten, in denen die USA einen schwarzen Präsidenten gewählt haben, ein notwendiger Rückblick.

Deutschlandradio

Die nur lose verbundenen Storys vertrauen auf eine parodistische Sketchtechnik, die eine kongeniale Übertragung oraler Traditionen erlaubt. Wie zwei Stand-up-Comedians spielen sich Simple und Boyd rhetorisch die Bälle zu: So schnell die Dialoge montiert sind, so schnell kommt die Pointe und - peng! - der Abgang. Es geht um das gute Erzählen einer Geschichte, nicht um Charakter- oder Plotentwicklung, und natürlich ist Simple als Stimme eines schwaren "Jedermanns" am Ende gar nicht so simpel, wie es zunächst den Anschein haben mag: Wenn er mit Hughes doch etwas teilt, dann ist es der Stolz, schwarz zu sein - und eine trotzige Siegesgewißheit im Kampf gegen die Segregation.
Konkret

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