251 Seiten, broschiert

€ 18.00

ISBN 978-3-90295-091-8

Als E-Book in allen einschlägigen Stores erhältlich.

Jan Kossdorff

Kauft Leute

Wenn ganz in Ihrer Nähe ein Menschenmarkt aufmacht – würden Sie da nicht hinschauen? Zumal wenn es total legal ist …
Ein unterhaltsamer und spannender Roman zum Zynismus unserer Konsumgesellschaft und des heutigen Arbeitsmarktes.

Am größten Shopping-Gelände vor den Toren der Stadt öffnet ein neuer Markt seine Türen. Neu ist, dass seine Waren atmen, sprechen und im Schaufenster posieren: „HÜMANIA“ ist ein Abholmarkt für Menschen. Arbeiter, Haushaltshilfen, Lover, Lebensmenschen oder den heiß ersehnten Nachwuchs – jeder kann hier kaufen, was ihm oder ihr zum Glück fehlt.

Die Werbetexterin Caro ist nach Beziehungsende und Kündigung verzweifelt genug für eine „spannende, neue Herausforderung“: Sie heuert bei dem medial massiv gehypten Megamarkt an und wird Produkttexterin. Schnell kapiert sie, dass es ihr für dieses Business an Skrupellosigkeit fehlt. Sie beginnt nach den Schicksalen hinter der „Menschenware“ zu fragen und legt sich mit den Profiteuren des neuen Sklavenhandels an.

30 Millionen Menschen leben heute in Unfreiheit – mehr als zu jedem anderen Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte.
In »Kauft Leute« wird die Entwicklung weitergedacht: bis zur perfekten Vermarktung des Produkts Mensch.

Zwischen dem weitläufigen Gelände eines Golfplatzes und der Ausstellungs-Welt eines Fertighaus-Erzeugers im Süden von Wien befand sich ein etwa zwei Hektar großer, von hohen Holzverschlägen umzäunter Grund, auf dem seit einem Jahr unermüdlich gebaut wurde. Lange wussten nur die direkt in den Planungs- und Bauprozess eingebundenen Personen, was hier entstehen sollte, und verschiedene Theorien machten unter den Uneingeweihten die Runde. So tippten viele auf ein exklusives Designermarken-Outlet. Andere glaubten zu wissen, dass ein Baumarkt aufmachen würde, möglicherweise der größte des Landes. Als hartnäckig erwies sich auch der Irrglaube, auf dem Gelände solle ein Vergnügungspark entstehen. Die Kinder konnten schon die Schreie von der Achterbahn hören und die Eltern die Steaks im mexikanischen Erlebnisrestaurant schmecken. All diese Hypothesen stellten sich als falsch heraus, wenn auch jede zumindest ein bisschen Wahrheit enthielt. Als schließlich das sechs mal drei Meter große Schild mit der Aufschrift »Hier eröffnet in Kürze der grösste HÜMANIA-Markt Europas!« neben dem Haupttor des Baugeländes aufgestellt wurde, herrschte sogleich allergrößte Aufregung. All die Polemik, die Diskussionen, die Ablehnung und die enorme Spannung, die schon mit der Eröffnung der anderen großen Filialen in Mitteleuropa einhergegangen waren, traten auch hier auf – und stärker noch. Aber: Selbst jene Wiener, die mit dem enormen Erfolg von HÜMANIA nicht einverstanden waren, die ideologische Vorbehalte hatten, mussten anerkennen, dass die Entscheidung, nach Filialen in Dresden, München, Amsterdam und Turin das Flaggschiff von HÜMANIA an der Donau entstehen zu lassen, ein fantastisches Kompliment für den Standort Wien war. Es würde die regionale Wirtschaft stärken, mediales Echo generieren, Touristen anziehen. Und dies waren Argumente, die schwerer wogen als jeder moralische Einwand.
Zur gleichen Zeit, als alle Welt erfuhr, welche Art von Attraktion die Stadt und ihre Bewohner erwartete, wurden in den größten Tageszeitungen des Landes Job-Inserate geschaltet, in denen vom Kundenberater über Verkaufsraumgestalter bis zum Buchhalter eine komplette Firmenbelegschaft gesucht wurde. Eines der Inserate war die Ausschreibung der Stelle »Texter und Produktgestalter«, und genau dieses fiel Carolin Novara ins Auge, als sie die Online-Jobbörse einer Wiener Tageszeitung durchforstete. Sie hatte vor fast einem Jahr einen bestens bezahlten Job bei einer großen Werbe-agentur in Wien hingeschmissen, hatte dann für einige Monate den Großteil ihrer Wachzeit in einem Multiplayer-Online-Game verbracht, bis zur völligen Isolierung und finanziellen Erschöpfung, um sich dann in einem Moment der Selbsterkenntnis in ein Entzugsprogramm zu stecken, bei dem sie drei Monate lang ohne Zugang zu Handy, Fernsehen oder Internet einen Bauernhof mitbewirtschaftet, Kühe gemolken, Kartoffeln gezogen und Marmelade eingekocht hatte. Tagsüber hatte sie Schweinemist geschaufelt und Erde aus den Reifen eines Traktors gekratzt, in ihren Träumen aber war sie immer noch die zähe Raumtransporterpilotin mit dem langen roten Zopf gewesen, die auf dem Dschungelplaneten Khawyndia Handel mit Iridium betrieb. Man bekam diesen Irrsinn einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Caro schickte ihren Lebenslauf, ein paar Arbeitsproben und ein kreatives Bewerbungsschreiben, an dem sie feilte, als wäre es die Magna Charta, an die Human-Resources-Stelle von HÜMANIA und wartete ab. Es war die zehnte Bewerbung, die sie in den letzten Wochen verschickt hatte, und niemand hatte sich bei ihr gemeldet. Diesmal war es anders: Eineinhalb Wochen später erhielt sie eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Am selben Tag ging auch die Online-Auktion zu Ende, bei der Caro die Zugangsdaten zu ihrem Profil bei dem Webgame, und damit auch ihren Avatar, ihre unfassbar hohen Kommunikationspunkte und ihr virtuelles Vermögen von 6 Millionen Dollar in Form von reinstem Iridium versteigerte. Die Auktion erzielte über 400 Euro. Die ganze Angelegenheit schien nun ausgestanden, und Caro konnte sich daranmachen, das real life zurückzuerobern. Innerlich aufgewühlt von diesen Entwicklungen, hatte sie das Bedürfnis, jemandem davon zu erzählen. Da sie ihre früheren Freunde in Zeiten erhöhten Handelsaufkommens auf Khawyndia ziemlich schmählich ignoriert hatte und später auf der Farm sowieso völlig aus der Welt gewesen war, traute sie sich nicht, jemanden anzurufen, der ihr wirklich nahestand. Stattdessen meldete sie sich bei ihrem Reha-Genossen Max, der das halbe Vermögen seiner Eltern beim Online-Pokern durchgebracht und mit dem sie es hin und wieder auf der Rückbank eines Scheunen-Oldtimers getrieben hatte. Max freute sich von ihr zu hören, seine Stimmung änderte sich aber schlagartig, als sie erzählte, wo sie sich beworben hatte. Er führte die üblichen Argumente ins Treffen, die man hörte, wenn HÜMANIA-Gegner zu Wort kamen, und warf ihr vor, sich zu prostituieren. Caro erwiderte, dass Max sie eben nur in Regenstiefeln und abgeschnittenen Jeans kannte, sie davor aber ein seelenloses Werbeflittchen gewesen war und nun am besten Weg sei, wieder eines zu werden, kurz: alles nach Plan lief. Tatsächlich aber machte es sie ein klein wenig bestürzt, dass Max so heftig auf ihre Neuigkeit reagierte, sie war eigentlich der Meinung gewesen, dass HÜMANIA einen, nun ja, humanen Grundansatz vertrat. Der Text über die Unternehmensausrichtung auf der Homepage hatte sie jedenfalls überzeugt, auch wenn sie natürlich wusste, dass ein Texter wie sie hier einfach gute Arbeit geleistet hatte. Sie nahm sich vor, beim Bewerbungsgespräch selbst ein paar Fragen zu stellen, um mehr über das Unternehmen zu erfahren. Gleichzeitig wollte sie den Job aber unbedingt haben. Sie wusste, dass sie einen geregelten Arbeitsalltag brauchte, um wieder Halt zu finden, sonst war das nächste Abtauchen in virtuelle Sphären vorgezeichnet. Und vielleicht würde sie dann für immer in der Anziehungskraft eines von russischen Studenten programmierten Planeten gefangen bleiben … Wobei die Programmierer ja genauso wenig Schuld traf wie sie selbst. Der Grund dafür, dass sie vor einem Jahr ihren Job gekündigt und ihren Lebensmittelpunkt vorübergehend in eine andere Galaxie verlegt hatte, war natürlich Roman. Der Mann, von dem sie sich so oft getrennt hatte und den sie so oft wieder in ihr Leben gelassen hatte, dass sie irgendwann dachte, es wäre einfach unmöglich für sie, ihn endgültig zu verlassen, so wie man sich selbst ja auch nie wirklich loswird. Und an diesem Punkt machte er Schluss, einfach so. – Natürlich war da eine andere. Und natürlich war es irgendwie gut, dass es endlich vorbei war. Aber für Caro war es leider zu viel – sie funktionierte nicht mehr. Wer in der Kreation einer großen Werbeagentur sitzt, macht sich mit Heulkrämpfen und Schreibhemmung bei Kollegen und Vorgesetzten auf längere Sicht keine Freunde. Sie nahm sich Urlaub – aus dem sie nicht mehr zurückkehrte. Doch jetzt waren die Ferien zu Ende.

Ein Leseerlebnis - vergnüglich und nachhaltig verstörend!
Gudrun Hamböck, Ö1

Die (..) Vertrautheit mit Mechanismen, sozialer wie marktwirtschaftlich-strategischer Natur, der Gedanke, dass man es über weite Strecken nur mit einem ganzen Stück weitergedachten bereits bestehenden Systemen zu tun hat: all das macht „Kauft Leute“ zu einem fesselnden und oft beklemmenden wie auch unterhaltendem Roman, den man vor der letzten Seite nur ungern aus der Hand gibt.
Markus Brandstetter, Wiener

Abgesehen davon, dass wirklich jede einzelne Szene von KAUFT LEUTE originell und selten vorhersehbar gestaltet ist: Der Roman entwirft ohne billige Effekte eine gar nicht so ferne Zukunftsvision.
jetzt.de / Süddeutsche Zeitung

Autor Jan Kossdorff fordert in seinem hellseherischen Roman »Kauft Leute«! Wir fordern: »Kauft dieses Buch!« (...) Es hat einen eigenen Ton, eigene Ideen und es ist leider verdammt nah an der Realität.
1LIVE

Der Österreicher Jan Kossdorff hat in seinem Roman KAUFT LEUTE ein Szenario entworfen, das Angst macht und gleichermaßen fasziniert.(...) Mit einer Mischung aus Neugierde und Abscheu liest man sich durch diesen „Was wäre wenn-Roman. Und kauft nicht mehr mit denselben Gedanken ein.
SRF 3 (Schweiz) - Buchtipp der Woche

Die Diktatur des Konsums steht im Zentrum von Kossdorffs drittem Roman. Seine Utopie am Stadtrand Wiens wirkt so unglaublich, dass man sich nicht wundert, wenn sie morgen Realität werden würde.
Christian Stiegler, FM4

Kossdorffs Buch macht deutlich: Die Fantasie wird von der Wirklichkeit auf erschreckende Weise eingeholt.
ORF, Zeit im Bild

Dieser Roman ist nicht die Ausgeburt wilder Fantasie, er zeigt nur ein drastisches Bild von einer Lebenswirklichkeit, in der der Marktwert allein zählt. (...) Nichts an diesem ungemütlichen Roman ist abwegig.
Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten - Buch des Monats

Jan Kossdorff rührt an einer anderen Archillesferse unserer Zeit, dem Konsum ohne Grenzen: KAUFT LEUTE entwickelt den Arbeitsmarkt zynisch weiter.
Wiener Zeitung

So komplex das Thema, so locker taucht Kossdorff in selbiges ein. Sein sprachliches Feingefühl erlaubt es, selbst philosophische Fragestellungen ‚massentauglich’ zu durchleuchten. (...) Amüsant, bissig, fesselnd.
Ticketmagazin

Die ganze Zeit über hatte ich ein Gefühl der Beklemmung. Die Bilder, die Kossdorff beschreibt, sind eine Weiterentwicklung eines Sklavenmarktes nach allen Regeln der Marketingkunst des 21. Jahrhunderts.
literatur-blog.at

Was für ein gewagter Zynismus. Gemein ist, dass er zudem süffig zu lesen ist.
TAXI - Magazin für Soziales und Kultur

Mit humoristisch feiner Klinge macht sich der Wiener Autor an eine Kapitalismuskritik, die gleichzeitig für große Unterhaltung und große Verstörung sorgt.
Christoph Hartner, Steirer Krone

Rezensionen

2013-06-24 - orf
Entdeckungsreisen auf der Matte
Wien schön trinken, Kauft Leute und Sag Ja zu Österreich auf der Sommerempfehlungsliste des ORF!
http://orf.at/stories/2187202/

2013-06-14 - Wiener Zeitung
Paradies und Postapokalypse
Christina Walker über Literarische Utopien, wie "Kauft Leute" und "Ping Pong Poetry"
http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/literatur/buecher_aktuell/?em_cnt=554467&em_cnt_page=2

2013-05-30 - jetzt.de/Süddeutsche Zeitung
Lesen mit Links (19): Sklaven on demand
Jan Drees über Jan Kossdorffs "Kauft Leute"
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/572204/Lesen-mit-Links-19-Sklaven-on-demand

2013-05-27 - WDR, 1Live
Einen Sachsen to go
Jan Dress über Jan Kossdorffs "Kauft Leute"
http://www.einslive.de/magazin/literatur/2013/05/kauftleute.jsp

2013-05-18 - fm4
Wir sind Helden
Christian Stiegler über Jan Kossdorffs "Kauft Leute"
http://fm4.orf.at/stories/1717578/

2013-04-15 - Wiener Online
Markus Brandstetter über Jan Kossdorffs "Kauft Leute"
http://www.wiener-online.at/2013/04/kauftleute/

2013-04-07 - Ex Libris Ö1
Gudrun Hamböck über "Kauft Leute" von Jan Kossdorff
http://oe1.orf.at/artikel/336170

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