223 Seiten, Broschur

€ 18.90

ISBN 978-3-85286-241-5

Kommando Elefant

Das große Elefanten-Lesebuch

Nicht nur Rocko Schamoni und Heinz Strunk hätten ihre Freude mit diesem Ausbruch der puren Lust an Kreativität.

Das Universum ist ein Elefant. Tauchen Sie ein in die verschrobene, anarchistische und unkonventionelle Welt von Kommando Elefant.
Begleiten Sie den verrückten Paranormalitätsforscher Pater Peter Puter auf seinen wahnwitzigen Abenteuern, oder lernen Sie die Krawallkünstler „Zwillinge Wurst“ kennen. Staunen Sie über die miserablen Ermittlungserfolge des Kriminalkommissars Karl Knacker, oder lassen Sie sich mit dem Pizzaraumschiff durch LSD-Träume teleportieren.

Es offenbart sich ein Panoptikum aus Wahnwitz, schrägen Seitenlagen und clownesk-philosophischen Betrachtungen als ein stetes augenzwinkerndes Wandeln am schmalen Grat des guten Geschmacks.

Songtexte reihen sich an Tourblogeinträge. Seltsam-humorvolle Zeichnungen wechseln sich mit schrägen Kurzgeschichten ab. Absurde Kochrezepte treffen auf den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb …

1. Unterfleckingen

Bortschi, unser Manager aus Deutschland, hatte angerufen und mit tiefem sächsischen Dialekt ins Telefon geblafft: »Jungens, ich hab da eine super Sache aufgetan, das ist eine super Location, da gibt’s gar nix. Da kommen sicher ein paar Leutchen, und die Konditionen, die sind auch nicht schlecht. Jungens, wir müssen da nur € 300 zahlen, das ist gar nix, Jungens, das spielen wir! Ist auch nicht weit weg, in Unterfleckingen, in Bayern, bei mir ums Eck« – wobei Bortschi unseres Wissens aus Chemnitz kam.
Eine Angewohnheit von Managern ist es, im umfassenden »Wir« zu reden, auch wenn sie dann schlussendlich meist nie auftauchen oder wenn, dann besoffen an der Bar rumlungern und lauthals über die Schlechtigkeit der spielenden Band maulen, weil sie glauben, dass das die Konkurrenzband sei, dabei aber die eigene Band ist, die da spielt. Das kommt dann oft etwas schräg, aber doch charmant alkoholisch rüber.
Wir können nicht über alle Manager reden, da wir außer Bortschi ja keinen kennen. Und auch Bortschi kennen wir eigentlich nicht, aber Bortschi ist ein Guter. Er schaut aus wie eine Mischung aus »Der Bulle von Tölz«, jetzt vom Umfang her und hat dazu noch einen geringelten, ausufernden bayrischen Bierbart, der auch meistens im Bier hängt. Bortschi ist ein wirklich sympathischer Zeitgenosse. Er tänzelt zwar näher am Rand eines Herzinfarkts als eine peruanische Wildgams am Rand ihres steinernen Abgrunds, doch scheint er immer noch rechtzeitig die Kurve zu kriegen. An einem Konzertabend kann es schon sein, dass er sich mal 30 Bier, eine Kiste Schnaps und vierhundert Päckchen Gitanes ohne einbaut, aber hey, das ist Rock ’n’ Roll! Wir stellen uns das zumindest so vor, denn gesehen haben wir ihn eigentlich noch nie.
Bortschi rief also an, und wir natürlich voll in Euphorie und so: Yeah und Juhu und Wuidiwui und so! Lauter Ausdrücke der Freude wurden durch die Luft geschleudert wie Konfetti aus LSD-Kanonen.
Wir begannen gleich mal, ein paar Bier auf Bortschi zu zwirbeln. Und ein paar Kannen Schnaps. Zum Vor-, Dazu- und Nachspülen. Man muss nämlich wissen, dass unser letzter Auftritt vermutlich bereits 25 Jahre zurücklag. Seitdem sind wir im Proberaum rumgelungert und haben die Zeit totgeschlagen. Die Zeit – so heißt die Katze, die vor einigen Jahren plötzlich in einer Ecke des Proberaums erschienen ist. Wirklich erschienen. Kennen Sie »Der Graf von Monte-Christo«? So ähnlich ergeht es uns in unserem Proberaum. Und wie auf einmal in die Zelle vom Grafen dieser alte Typ durch den Boden reinkommt, so ähnlich war das mit der Katze (also ungefähr ähnlich, weil der alte Typ beim Grafen von Monte Christo hat sich das Loch ja selbst gegraben, während die Katze einfach da war – aber egal. Der Vergleich ist etwas mühsamum die Ecke gebogen, aber Sie wissen, was gemeint ist, die Katze war auf einmal da und wir: volle Überraschung und so). Und seitdem wir immer so: »Zeiti, Zeiti, Zeiti, komm zu Mama und Papa«. Und dann versuchen wir die Katze mit einer sehr alten
E-Gitarre zu erschlagen. Die E-Gitarre ist so alt, da gab es noch gar kein E. Aber wir haben auf diese Gitarre ein großes E draufgemalt, aus Sachen, die am Boden unseres Proberaums lagen, wie z. B. Schlumpffiguren, versunkenen Sümpfen, einem alten Wehrmachts-Bataillon mit Obersturmführer Harald Hitler (dem verschollenen Bruder von Adolf), HC Strache (der liegt da auch sehr unmotiviert am Proberaumboden herum und wird von uns als Paintball-Halle benutzt, wir spielen dann Paintball im Körper von HCS. Das Reinkommen ist oft grauslich.
Aus diesen Sachen haben wir also ein E gemalt und auf die Gitarre geschmissen. Nicht geklebt, nöööö, richtig geschmissen. Und mit dieser E-Gitarre versuchen wir die Katze, die Die Zeit heißt, totzuschlagen.
Wir haben dann hin und herüberlegt, wie dieser Auftritt in Unterfleckingen werden könnte.
»Da kommen sicher mehr als drei Leute« meinte A., unter heftigen Dauer-Flatulenzen leidend.
»Das wär echt mal super, vor so großem Publikum zu spielen«, erwiderte L., während er in seiner hilflosen Inkontinenz seine Hose in einem permanten Strahl, gebirgsbachgleich, benässte.
»Ja, vielleicht wird das endlich der große Durchbruch.« S. nuckelte in seiner unendlichen Alkoholsucht am Kannenschnaps.
R. sagte gar nichts. Der Methusalem unter uns ist gefühlte 240 Jahre alt, leidet an galoppierender Demenz und verbringt die meiste Zeit Hieroglyphen murmelnd in seiner Sauerstoffzeltstadt.
Bortschi meinte, dass wir in Kalenderwoche 44 »get in« hätten und in Kalenderwoche 45 Soundcheck. Da es jetzt gerade mal Kalenderwoche 21 war, hatten wir also noch etwas Zeit, letzte Vorbereitungen zu treffen.
Die ersten Wochen konnten wir allerdings gar nichts tun, da wir in heiliger Nervosität und Aufregung erstarrt waren. Wir lagen volltrunken im Proberaum und beteten ein vergilbtes Bild unseres Managers Bortschi an, auf welchem er jesusgleich mit einer Kanne Bier und einer fetten goldenen Zi-garre abgebildet ist. Wir waren ihm so unendlich dankbar.

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