143 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Fadenheftung

€ 22.00

ISBN 978-3-903184-48-0

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Katharina Tiwald

MACBETH MELANIA

Katharina Tiwalds temporeiches Romandebüt erzählt von Theater, von Politik, und von den Akteurinnen und Regisseuren, die beide Welten bestimmen. Hellwach und beschwingt geht es um viel, geht es um alles, mit diesen Lettern, die die Welt bedeuten.

2017, als gerade der Wahlkampf in Österreich tobt, verlässt Mike Knutkovsky, ein krisengebeutelter deutscher PR-Berater, wegen einer Mini-#MeToo-Affäre Deutschland und heuert bei der SPÖ an. Er bekommt den Auftrag, aus einer alten Eisenhandlung ein Bezirkstheater zu zaubern und landet schlussendlich bei der Autorin Tiwald, die ihm vorschlägt, aus Macbeth per Überschreibung ein Trump-Stück zu machen. Aus Melania wird Lady Macbeth, am Schluss spielt Reinhold Mitterlehner König Duncan, und Fatima, der neue Star, hüpft als Melania Trump im Fatsuit über die Bühne. Dazu: Tal Silberstein, Fokusgruppen, ein gewisser Sebastian und entzückende NMS-SchülerInnen, die aus dem echten Leben der Autorin stammen.

Sprachlich souverän führt uns Katharina Tiwald durch ein Universum voller Anspielungen, sogar die slowenische Heimatstadt von Melania Trump samt Führung an die Stätten des früheren Lebens der First Lady dürfen wir mit ihr erleben … ein schräger, lustvoller Roman über unsere Gegenwart.






in Kooperation mit dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels

Der öde, weil Weder-Fisch-noch-Fleisch-Winter, mittelwarm, zog ins Land, das seltsame Weihnachten, dieser Clash aus totaler Weltübersättigung und Weltrettung, ging vorüber, die Tiwald schrieb an diesem und jenem, Lämmchen wurden auf der anderen Seite ihrer
Zimmerwand geboren (wo der Stall war), und plötzlich stand Mike vor der burgenländischen Tür.
»Hab ja Navi, und Alfred steht im Telefonbuch«, sagte er, die Hände in den Taschen versteckt und mit der Deutlichkeit eines Westernbanditen hinterm karierten Gesichtstuch.
»Bitte, komm rein«, sagte die Tiwald, die sich über den Blitzbesuch zu freuen schien, wie Mike feststellte, und auch Alfred verhielt sich ganz so wie jemand, der gern plötzlich herbeigebeamte Leute empfängt. Dann schob sich noch eine kleine, schmale, in monströse
Jacken eingepackte Gestalt durch den Flur, schob die wollene Kappe von den funkelnden Augen und sagte: »Hallo, ich bin die Isa. Ich riech nach Schafen«, und zackzack, schon saß Mike am Küchentisch und hatte eine Kaffeetasse in der Hand. Die Tiwald ließ sich dazu hinreißen, ihm auf die Schultern zu klopfen: Er sah aus wie aus einem Schneesturm gerettet – der aber nirgendwo zu sehen war.
Es stellte sich heraus, dass ohnehin alle Anwesenden schon eingeweiht waren in all things Melania und Macbeth. Auch diese Isa, die Mike noch nie zu Gesicht bekommen hatte, wusste Bescheid: eine Grün-Bio-Politlady, die sich als die siebenfache Mutter von Alfreds Kindern herausstellte. »Die Kinder sind schon alle ausgezogen«, sagte sie, »Weihnachten ist auch schon vorbei, die sind alle schon wieder gefahren«, während Mike dreinschaute wie vom Vorschlaghammer getroffen und versuchte, die interpersonellen Informationen zu verdauen, die auf ihn einprasselten, während er doch gekommen war, um …
»Ich hab mir gedacht, wir fahren nach Slowenien«, platzte er schließlich heraus, als sich eine kleine Lücke im Gespräch auftat.
»Wieso um Gottes willen Slowenien?«, fragte die Isa, und »na ja, wegen Melania Trump«, sagte Mike, »und ihr seid ja hier quasi schon mit einem Fuß in Slowenien. Vielleicht ist es eh fast das Gleiche und vielleicht ist Slowenien eh wie das Südburgenland, und ich träum was vor mich hin, aber …« Er seufzte auf und sagte wie mit Nägeln in der Stimme: »Verdammt, ich will einfach unterwegs sein. Und wenn es um was geht, das ich beim Anschauen auch noch bedenken und einordnen muss, weil’s zu einem Projekt gehört, umso besser.«
»Ach so, du hast ja diese Sabine-Geschichte, gell?«, stellte die Isa fest, und »na toll, das hat sich ja verbreitet. Ich bin wirklich eine Niete in der message control«, schnaubte wiederum Mike und funkelte die Tiwald an.
»Na ja, schau, in dem Fall ist das Private eindeutig politisch«, fiel Alfred ein. »Ich würd so weit gehen zu behaupten, dass die, sagen wir, die Wahl des oder der Geliebten für einen Politiker noch viel bedeutsamer ist als für uns Ottos Normalverbraucher. Jede Handlung steht für was. Jede Entscheidung, auch im privaten Bereich. Dass deine Dame sich so radikal zurückziehen lässt in ein Leben, aus dem sie ja eigentlich ausscheiden wollte, und zwar mit
dir an ihrer Seite – das … gut, wahrscheinlich übertreib ich. Obwohl …«
»Da laufen noch ganz andere Gerüchte«, stellte wiederum die Isa fest, und Alfred sekundierte: »Stimmt. Es gibt noch ganz andere Gerüchte. Dass ein Konservativer nicht sofort heiratet, ist eigentlich komisch. Dass die Szene schweigt – das hat mich ja damals beim Haider so erbost, dass alle gewusst haben, wie’s eigentlich ausschaut, aber man hat zugelassen, dass er öffentlich der Saubermann bleibt. Wobei es ja ekelhaft ist, wenn die ›Sauberkeit‹, von der die
rechten Recken dauernd reden, mit, sagen wir, mit konventioneller Sexualmoral gleichgesetzt wird. Mit einem Bettverhalten, das halt alle Kirchengeher und alle Mama-Papa-Kind-Familien gut finden.«
Die Tiwald runzelte die Stirn: »Aber wart mal. Das würde ja heißen, dass die Sabine quasi die Coverfrau ist? Im Extremfall? Ich weiß nicht, ob ich das glauben mag.«
Mike legte das Gesicht in die Hände. »Ich glaub gar nix mehr«, hörten die anderen dumpf, und, als er aufschaute: »Bitte. Ich bin eigentlich nur auf dem Weg nach Slowenien, und ich hab mir gedacht, ich klopfe an eure freundliche Tür und frage, ob ihr vielleicht
mitkommen wollt. Mein Kopf braucht irgendwas zu tun. Ich als Ganzer. Außerdem: ja, Melania. Wie heißt es so schön seit eurem Waldheim? Jetzt erst recht.«
»Na ja«, sagte die Tiwald, »allzu weit kann’s nicht sein. Weißt du, wo genau wir da hin müssten?«
»Geboren ist sie in Novo Mesto, das im 14. Jahrhundert von Rudolf dem Vierten gegründet wurde, eurem Erzherzog, als irgendwas mit Rudolf vorne. Aber aufgewachsen ist sie in einem Ort namens Sevnica, der zirka 5000 Einwohner hat«, spulte Mike herunter.
Alfred klappte seinen Laptop auf, murmelte »Fragen wir den Routenplaner« und begann zu tippen. »Hm. Zweieinhalb Stunden fährt man von hier«, resümierte er schließlich, »also für eine Tagesreise … Obwohl: warum nicht? Würd sich schon ausgehen. Ganz früh hin, am Abend zurück. Oder ihr wollt halt übernachten.«
Die Isa hantierte an der Abwasch herum und sagte trocken, wenn da eine Übernachtung dabei sei, dann könne sie nicht mitkommen, weil die Schafe gefüttert werden müssten und der Hund
nicht allein bleiben sollte – tatsächlich war Mike von einem kleinen Kalb, das sich als Hund herausstellte, fast mit Zungenkuss begrüßt worden. Mike murmelte, dass er sowieso nicht über Nacht bleiben wolle, er wolle einfach nach Slowenien und schauen.
»Wart einmal«, sagte der Alfred und kratzte sich am Kinn. »Wir füttern die Schafe später noch, und zwar ordentlich, das halten die schon aus, diese wohlst genährten Vielfraße – packen den Hund ein und fahren los, dann machen wir uns eine gemütliche Nacht in … wie heißt das noch einmal? Also halt in Sankt Melania, und morgen Abend fahren wir wieder zurück.«
Und so stopften sie am Abend reichlich Heu in die Raufe, packten winzige overnight bags und warfen sich ins Auto, um sich anzuschauen, wo Melania Trump Kind gewesen war. »Die Strecke durchs Südburgenland, nicht über Ungarn und nicht über Graz«, wünschte sich die Tiwald, »dann sieht der Mike, wie schön es hier ist.«
»Schön finster«, brummte der.
»Wurscht. Schau in den Scheinwerferkegel. Schau. Dort die Hügelkette «, während sie über einen schmalen Streifen von Landstraße in Richtung eines Tals rollten, »da drüben, siehst du die Ruine?«, »Was für eine Ruine?«, »die Ruine halt, gut, jetzt wird’s finster, dort ist eine Schokoladenfabrik.«
Bei Bonisdorf, wo Fuchs, Hase, Igel, Fliege und Rabe leise Gute Nacht sagten und der Wald in einem Film über Märchen auftrat, passierten sie die Grenze: ein wie in einer Kunstinstallation gespenstisch leeres Häuschen. »Jedes Mal, wenn ich hier durchkomm,
fühl ich Ehrfurcht«, sagte die Tiwald, und Alfred und Isa nickten. »Stell dir vor: Als ich Kind war – gut, ich kann mich an den einen Jugoslawientrip 1988 nur mehr so erinnern, dass im Apartment, das meine Eltern gemietet hatten gemeinsam mit ihren Freunden, auch ein Ehepaar, der Mann kann Kroatisch, Burgenlandkroate halt, also dass in dem Apartment darüber geredet wurde, dass es bald Krieg gibt. Da war ich neun. An die Grenze hier kann ich mich nicht erinnern, aber an die Reisen nach Ungarn, nach Szombathely zu den Verwandten, hier hat ja jeder Verwandte in Ungarn. An den Eisernen Vorhang kann ich mich erinnern, an die Grenzkontrollen. Daran, wie mein Opa den Kofferraum aufmacht und dem Grenzbeamten
das Paar lila Schuhe zeigt, das er mir gekauft hat. Und an ein Buch mit grünem Umschlag und einem blonden Kind drauf, so illustrationsmäßig. Ans Essen im Hotel Szavaria. Solche Sachen.«
»Wir fahren über Maribor«, verkündete Alfred, als sie kurz von Slowenien nach Österreich schlitterten, bei Bad Radkersburg, und dann wieder zurück. »Ich muss mal pinkeln«, murmelte Mike, und sie hielten im lila Licht des Winterabends an einer Tankstelle an,
aßen flachgedrückte Käsesemmeln, tranken Kaffee, der irgendwie staubig schmeckte, und freuten sich über den Ausflug. Als Mike vom Klo zurückkam, wirkte sein Blick so leer, wie wahrscheinlich seine Blase war. »Alles gut?«, fragte die Tiwald sanft. »Alles gut«, sagte Mike und zurrte sich mit dem Sitzgurt fest.

Kreative Zwischentöne - Ö1



«Das erinnert manche an Prostitution»
Interview zu Melania Trump


Sie gibt Schönheit und bekommt dafür Macht und Luxus: Melania Trump ist für viele ein Affront. Schriftstellerin Katharina Tiwald hat den Aufstieg vom Model zur First Lady analysiert und einen Melania-Roman geschrieben.

Am Wochenende erreichte uns die Nachricht, Melania Trump habe nach der Wahl 2016 den Ehevertrag nachgebessert. Was ist das für eine Ehe?

„Diese Ehe ist eine Geschäftsbeziehung. Donald Trump sagt ja, dass jeder verheiratete Mann ohne Ehevertrag ein Verlierer sei. Der Deal zwischen Donald und Melania ist denkbar simpel: Er gibt ihr Reichtum und Macht, sie gibt ihm Anmut. Trump ist das Biest, das eine Schöne neben sich braucht, um sympathischer zu wirken. Melania andererseits war ein Model Ende 20, das keine guten Angebote mehr bekam. Erst als sie mit Trump liiert war, machte ihre Karriere gewaltige Fortschritte. Trump ist für Melania der Jackpot ihres Lebens.“

Klingt profan. Dabei wird Melania Trump gern mystifiziert, als Sphinx des 21. Jahrhunderts dargestellt.

„In einem Interview gefragt, ob sie mit Donald auch dann zusammen wäre, wenn er nicht reich wäre, antwortet sie mit der Gegenfrage: Ob man sich denn vorstellen könne, dass Trump mit ihr zusammen sein wollen würde, wenn sie nicht schön wäre? Alles liegt offen zutage, alles ist bis ins Detail geregelt. Das erinnert manche an Prostitution. Die Journalistin Nina Burleigh zeigt in ihrem Buch «Golden Handcuffs: The Secret History of Trump’s Women» eindrücklich die Verhältnisse, etwa die ganzen Non-Disclosure-Agreements. Melania Trump ist eine Trophäe und damit natürlich ein Affront für jede Feministin. Für viele kann nicht sein, was nicht sein darf. Deshalb mystifizieren sie Melania, wollen sie unbedingt als Opfer und Gefangene Trumps sehen. Aber Melania ist keine Gefangene und kein Opfer. Ich habe durchaus Respekt vor ihr.“

Inwiefern?

„Sie zeigt sich ihrer Rolle gewachsen, performt. Man sollte das nicht unterschätzen. Die Frau eines sehr reichen Mannes zu sein ist etwas komplett anderes, als die Frau des mächtigsten Mannes der Welt zu sein.“

Verstehen wir Melania Trump besser, wenn wir ihre slowenische Herkunft kennen?

„Melania besuchte als Kind eine dieser typischen, sehr strengen Schulen des früheren Ostblocks. Dass sie Donald Trump deswegen hinsichtlich ihrer Bildung, aber auch ihrer Disziplin überlegen ist, muss man sich bewusst machen. Die Art, wie sie ihren Körper einsetzt und als Kapital versteht, ist zudem typisch postsowjetisch. Überliefert ist ja die Episode, wie sie als junges Modell zwei Wochen verschwand und mit größeren Brüsten zurückkehrte. Weil sie wusste, dass sie mit ihren natürlichen Brüsten weniger Aufträge bekam. Ihre Mentalität ist von der harten, ultrakapitalistischen Übergangsphase nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostens geprägt. Und ihr Schönheitsideal ist ein klassisch osteuropäisches, konservatives.“

Zur Art, wie sie sich kleidet, gibt es diverse elaborierte Theorien.

„Da wird vieles hineininterpretiert. Weil sie sich als Ex-Model halt gut mit Kleidung auskennt. Manche sehen in ihren Hosenanzügen ein feministisches Statement, was ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann. Oder die berühmte Jacke, die sie beim Besuch der Grenze zu Mexiko trug. Aufschrift: «I don’t really care. Do U?» War das ein bewusster Affront gegenüber den Migranten? Eine Botschaft an Ivanka, die Melanias Macht im Weißen Hause bedrohte, und die diese Jacke bekanntermaßen liebt? Erst sagte Melania, die Jacke sei ganz ohne Bedeutung. Später wollte sie die Aufschrift als Antwort auf ihre liberalen Kritiker verstanden wissen. Das klang eher wie eine Ausrede. Was Melania aber mit Sicherheit hat, ist ein Auge für die mediale Inszenierung. So redet sie mit, wenn es vor öffentlichen Auftritten um eine möglichst vorteilhafte Platzierung ihres Mannes geht.“

Themenwechsel: Wie interessant ist Melania Trump als literarische Figur? Im bürgerlichen Roman ist die unglücklich Verheiratete zentral: Effi Briest, Madame Bovary …“

„Melania Trump könnte als Witwe erst richtig interessant werden. Denn dann tut sich für sie ein großes Zeitfenster auf, sie ist ja 24 Jahre jünger als Donald. Was sie wohl tut, wenn Trump gestorben ist? Darauf bin ich schon sehr neugierig. Einen eigentlichen Lebensinhalt, eine Mission hat sie ja nicht. Ihr Vorbild ist die Gattin des demokratischen Präsidenten John F. Kennedy, Jackie Kennedy. Und die angelte sich nach dessen Tod den superreichen Unternehmer Aristoteles Onassis. Vielleicht wird Melania aber auch einfach ihre Fähigkeiten im Shoppen perfektionieren und sich die Tage damit ausfüllen. Oder es kommt noch ein Enthüllungsbuch – das würde ich gerne lesen.“

In Ihrem Buch schreibt eine fiktionale Katharina Tiwald ein Macbeth nachempfundenes Melania-Trump-Drama. Womit noch nicht geklärt ist, ob das tatsächlich eine gute Idee wäre.

„Den Zugang zu Shakespeare fand ich lustigerweise während meines Austauschjahres in den amerikanischen Südstaaten, als ich in der Theaterkompanie an meinem College in Georgia mitspielte. Ich habe ernsthaft über ein Melania-Trump-Drama nachgedacht. Der Roman erschien mir dann aber die bessere Form, weil ich noch andere Handlungsstränge entwickeln wollte. Ich glaube, dass Literatur einen Beitrag zu unserer Wahrnehmung von Politik, auch von zeitgenössischer Politik leisten kann: weil sie ungewöhnliche Perspektiven ermöglicht, den Wiederkäuerdiskurs des Politbetriebs unterbricht. Und radikal aus sich selbst schöpfende Autorinnen und Autoren langweilen mich einfach. Melania Trump fiel mir als möglicher Stoff erstmals bei Trumps Amtseinsetzung auf. Sie wirkte so unfassbar kalt, fast traurig. Aber eben, bei ihr muss man aufpassen. Sie strahlt so wenig Emotion aus, ist eine kalte Oberfläche, auf die man vieles projizieren kann.“

Wenn die USA in der Ära Donald Trump vor die Hunde gehen, trifft Melania Trump dann eine Mitschuld?

„Aber sicher. Sie ist eine Kollaborateurin, die ihre Schönheit in Trumps Dienst stellt. Sie hilft mit, seine Regierung zu erhalten. Obwohl selbst Migrantin, unterstützt sie die fragwürdige Migrationspolitik ihres Mannes. Nein, unschuldig ist sie sicher nicht. So wie ja auch Lady Macbeth nicht unschuldig ist.“

In Ihrem Buch reflektieren Sie darüber, wie der von vielen sehnlich erwartete «Ausbruch» von Melania Trump aussehen könnte.

„In meinem fiktiven Theaterstück verrät Melania ihre Körperideale und gibt sich ausgiebig dem Essen hin. Ähnlich wie Marlene Dietrich in ihren letzten Jahren auf ihr Äußeres gepfiffen hat, wenn es da auch um Alkohol ging. Die reale Melania Trump wird aber wohl eher nicht ausbrechen. Dafür hat die Frau das Streben nach Luxus und Bequemlichkeit zu sehr verinnerlicht.“

Tagesanzeiger, Juni 2020


Macbeth und Melania Trump im Grätzl-Theater
Die burgenländisch-wienerische Autorin Katharina Tiwald ist vor allem für ihre Theatertexte bekannt. Sie schreibt aber auch Lyrik, Essays und Prosa. „Die Wahrheit ist ein Heer“, ihr starkes Romandebüt „über das Irre daran, als Mädchen aufzuwachsen“, erschien 2012. Tiwalds Werk prägt ein chirurgischer Umgang mit Sprache, der beim Sezieren mit ruhiger Hand verborgene Bedeutungsschichten hervorbringt. Ihr neuer Roman „Macbeth Melania“ erzählt von der Entstehung eines aberwitzigen Theaterprojekts in einem unscheinbaren Wiener Grätzl-Theater namens Universum. Zur Realisierung ziehen die lokalen sozialdemokratischen Granden den deutschen Kommunikationsberater Mike Knutkovsky sowie „die Tiwald“ heran. Die beiden verarbeiten die US-Wahlen 2016 und die österreichischen Nationalratswahlen kurz danach zu einem modernen Shakespeare, den man gerne wirklich auf der Bühne gesehen hätte. Katharina Tiwald ist eine Figur in ihrem eigenen Roman, was zu ironischen Selbstbezügen und Meta-Humor führt. Das mag zunächst etwas passé erscheinen, doch die Autorin fädelt alles geschickt und sympathisch zwischen ihre kunstvollen Macbeth-Umdichtungen ein. Zudem wurde diese politisch turbulente Zeit bisher selten so unbeschwert und gleichzeitig scharfsinnig verarbeitet wie hier. Tiwald schreibt kein billiges Kabarett, das dem realen Politzirkus nacheifert. Vielmehr ist sie eine wortgewaltige Autorin, die sich ihrem Sprachmaterial mit Sorgfalt widmet. „Macbeth Melania“ ist eine kurzweilige, frühlingshafte Prater-Geisterbahnfahrt durch ein unheimlich nahes Gestern. Aufregend und nervenkitzelnd ziehen bei der Lektüre die Bilder vorbei. Die eine oder andere Episode kommt vielleicht etwas konstruiert daher, etwa als die konvertierte Kopftuchträgerin Bernadette Mihalits gegen das Stück protestiert, in dem ausgerechnet eine syrische Muslimin (ohne Kopftuch!) Melania Trump mimt. Doch die etwas verstiegenen Teile verzeiht man diesem gelungenen Roman gern. Wie einer Partei, der man trotz allem treu bleibt.

Falter, Mai 2020, Olja Alvir


„Ist dies ein Dolch, was ich vor mir erblicke? Oder eine verzweifelte Theaterautorin …?“ Der Dolch ziert das Cover und die – gar nicht verzweifelte, sondern lustvoll drauflos schreibende – Autorin zitiert neben Shakespeare einfach sich selbst. Kunststück, sie kommt ja auch im Buch vor, als genau diese Katharina Tiwald in einer tragenden Rolle.
Nur ein Kunstgriff, der zweite hat auch ganz schön Tragweite: Melania – ja, die Angetraute des amtierenden US-Präsidenten – steht Pate für eine Überschreibung von Macbeth; „die Tiwald“ soll’s mit einem polit-erprobten und –geplagten PR-Manager und mit Segen der Bezirksvorsteherin ins Wiener Gemeindebautheater wuchten.
Wenn einem da nicht schwindlig wird, wer da keinen Spaß hat … der oder die darf sich immer noch auf die unzähligen Anspielungen verlassen, die mal liebevollen, mal aufgebrachten, immer treffsicheren Seitenhiebe auf die Befindlichkeit des Landes, auf die Innenpolitik in Wahlkampfzeiten als das noch größere Schauspiel.
Da steckt viel drinnen und das Vergnügen – neben der wahnwitzigen und dabei doch so realitätsnahen Handlung – ist das Wie: Wie Katharina Tiwald die Sprache liebt, wie sie als Südburgenländerin so nebenbei einen Wien-Roman und in jedem Fall einen österreichischen
vorlegt, wie sie das literarische Spiel topmotiviert bis zum Schluss spielt.
Von ihrer „Roman-Tiwald“ verrät die Autorin sogar Privates, begleitet wird sie (etwa auf die Reise in Melanias slowenische Geburtsstadt) von sympathischem Personal, zugleich spazieren prominente Akteure persönlich oder zumindest namentlich auf und ab – und doch bleiben sie alle Romanfiguren.
Weil „die Tiwald“ das so will und genau so geplant hat. Kurzum also echt großes Theater!

Burgenländische Volkszeitung, Mai 2020


Großes Theater in Bobostan

Es raschelt im sozialdemokratischen Blätterwald Österreichs. Ausgerechnet ein deutscher „Communication Expert“ namens Mike Knutkovsky, der selbst Dreck am Stecken hat, wird von der urösterreichischen SPÖ als PR-Experte angeheuert, bevor es innerhalb der Partei zum reellen Knalleffekt kommt. Eine österreichische Schriftstellerin, „die Tiwald“, die bisher überschaubare schriftstellerische Erfolge vorzuweisen hat, wird ihm zur Seite gestellt, um gemeinsam in einem ehemaligen Eisenwarengeschäft, das umgemodelt das „Universum“ genannt wird, mitten im Wiener Bobostan eine Version von „Macbeth“ auf die Kleinbühne zu bringen. Themen: die (Wiener) SPÖ, Donald Trump – und Melania.
Bevor sie auf Klatschspalten-Niveau abzudriften und die vermeintlich unglückliche Melania ob ihres Eheschicksals zu bedauern droht, schlägt Katharina Tiwald einen Haken und lässt „die Tiwald“ und Mike über Mrs Trumps Absichten sinnieren. Özlem, eine Freundin „der Tiwald“ relativiert: „Sie wollte nach oben, und da ist sie jetzt. Die hat den Kommunismus zumindest noch in seinen unstalinistischen Ausläufern erste Reihe fußfrei mitbekommen. Und sich für das Gegenteil entschieden. Entschieden! Das ist das Stichwort. Sie ist auf jeden Fall nicht arm.“ Arm ist vielmehr Mike, der eine Politiker-Exfreundin kennenlernt und sich Hals über Kopf in sie verliebt. Er schwebt im siebten Himmel – vorerst. „Die Tiwald“ schwört indes auf Paarbeziehungen, was ihre langjährige Verbindung zu Alfred – zu Deutsch: „der mit den Elfen redet“ – belegt.
Eine illustre Runde – Mike, „die Tiwald“, Alfred, dessen Exfrau Isa und der kalbsgroße Hund – begibt sich sodann auf Entdeckungstour nach Slowenien, Melania Trumps Herkunftsland. Vor Ort begibt man sich auf eine Tour zu familiären Wohn- und Werkstätten (die tatsächlich um rund 500 Euro angeboten werden); Mike hat sich sogar für die ausgedehnte Variante bis Ljubljana angemeldet.
Katharina Tiwald formt ein Kabinettstückerl rund um österreichische Prototypen: etwa Herrn Sch. mit Mascherl, Herrn M., den (letztlich abgehalfterten) Wildwesthelden, Mrs. T als neokapitalistische Nutznießerin nach kommunistischer Aufzucht und den Jungspund K., den „Slimfit mit den großen Ohren“. Überdies lernen wir Frau Hirschal kennen, kettenrauchende Bezirksvorsteherin, und den Urbanek, Leiter des Bunker-Bezirksmuseums.
Österreichische Eigenarten werden treffend formuliert: „Die Österreicher stehen auf den idealen Schwiegersohn, Und es hilft nicht, dass ein andere von dieser Gattung grad vor Gericht steht.“ Mike, „der Piefke“, versteht indes selbst nach längerem Aufenthalt in Wien nicht, wann eine Aussage ernst gemeint ist – und wann er gepflanzt wird. Özlem, die Diplomatentochter, konstatiert: „Leben in Österreich ist lebensgefährlich.“ Die psychologische Sezierung von Melania Trump vergleicht sie mit einer „Leichenfledderei am lebenden Subjekt“.
Wie die Nationalratswahlen 2016 ausgegangen sind, ist den meisten Österreichern (noch) bekannt; wie Shakespeare Stück „Macbeth“ endet, ebenso – wie aber das SPÖ-Stück „Melania Macbeth“ inszeniert wird, soll der interessierte Leser herausfinden. Dass ausgerechnet eine Dame aus dem arabischen Raum für die Rolle der Melania als Königin gehandelt wird, vervollständigt das Bild. Entsinnen wir uns, wie das Ende der Königin aussah …

Die Presse. Antonia Barboric, 18.4.2020


Es hätte dieser Tage präsentiert werden sollen, das aktuelle Buch von Katharina Tiwald. „Macbeth Melania“ heißt ihr Roman, der nun bei Milena erschienen ist. Ein Roman um Theater und Polittheater, um Freunderlwirtschaft und Schreibprozesse und nicht zuletzt um Liebe. Meine Kollegin Michaela Frühstück hat „Macbeth Melania“ mit großem Vergnügen gelesen und den folgenden Beitrag gestaltet. Gleich zu Beginn erzählt die Autorin von jenem Moment der Angelobung von Donald Trump, der sie zu dem Stoff inspiriert hat.

HIER DER LINK ZUM BEITRAG

ORF, Burgenland


Ich habe das Buch innerhalb von zwei Tagen ausgelesen. Das ist in diesen Zeiten keine Kunst. Obwohl mir die Fabel auf Grund der Verlagswerbung bei Beginn der Lektüre schon bekannt war und ich wusste, dass es ein temporeicher Roman, eine Wiener Politgroteske, eine Erzählung über das Theater und über das Schreiben sein würde, mit satirischer Verknüpfung zwischen Donald Trump und Sebastian Kurz, alles Themen, die meine Neugierde geweckt und mir eine unterhaltsame Lektüre versprochen haben, trotzdem also habe ich mich, ehrlich gesagt, fast ein bisschen gelangweilt und war am Ende etwas enttäuscht.
Schuld daran kann nicht das Thema sein und nicht der unbestritten witzige Schreibstil der Autorin, sondern es war der zeitliche Abstand und eine Tempoverschiebung. Der österreichische Nationalratswahlkampf von 2017 ist plötzlich weit weg. Seitdem war türkis-blau, Ibiza, so-sind-wir-nicht, Kurz-Misstrauensvotum, Wahlkampf 2019, türkis-grün, Coronaverordnungswutpolitik. In diesem Roman gibt es noch Christian Kern und Reinhold Mitterlehner.
Wir Leser sind kurzatmig geworden. Ähnliche Unrastgefühle löste Franzobels Rechtswalzer aus. Auch in diesem Politsatirethriller mit Anklängen an Josef Haslingers Klassiker Opernball wird das Romangeschehen von der Wirklichkeit rasch rechts überholt. Anspielungen werden schon nicht mehr verstanden. Das "Buberl", mit dessen Biene der Protagonist von Tiwalds Roman ein Pantscherl hat, also der damalige Noch-Nicht- und jetzt Schon-Wieder-Bundeskanzler, ist zwar der Gleiche geblieben, er erscheint uns aber heute schon in einer ganz anderen Beleuchtung.
Die Idee, dass das Alter Ego der Autorin, die Tiwald, aus der Trumpgattin Melania eine Lady Macbeth für eine Laienbühne im roten Grätzel macht und von einem bundesdeutschen SPÖ-PR-Berater inszenieren lässt, mit Tony Wegas und mit dem abgehalfterten Django Mitterlehner als Macbeth-Donald-Trump, das hat etwas. Wie die Idee ganz tief ins Bezirksgruppenmilieu hinuntergezogen wird, das finden aber wohl nur die Insider wirklich lustig. Was hätte man daraus nicht alles machen können! Eine Charakterstudie der Macht! Voller Akribie auf den Spuren des Schreibens über das Schreiben schildern, wie sich ein tieftragischer Shakespeare Schritt für Schritt in eine urkomische, nestroyhafte Revolution gegen den US-Diktator in Krähwinkel verwandelt. Im alles auflösenden letzten Kapitel (siehe Leseprobe) wird die Kontur dessen sichtbar, was hätte werden können.
Die Autorin beherrscht den Außenbezirksscetch. Genau das, was ich ihr vorwerfe, sei ihre Absicht gewesen, einfach die Leute zum Schmunzeln zu bringen, höre ich sie sagen, und das bringt mich schon zum Verstummen und nicht wenig in Verlegenheit, denn in Zeiten wie diesen, in denen es der Literatur eh so schlecht geht, muss ich da herumnörgeln und die langsam wieder aufkommende Freude am Schanigarten stören?

Literaturhaus, Juni 2020, Walter Fanta

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